Fast 100 Kilometer lang, bis zu 4 Kilometer breit und riesige Sanddünen – das ist die Kurische Nehrung. Die schmale, langgezogene Halbinsel bildet einen natürlichen Damm. Er trennt das Kurische Haff von der Ostsee und hat nur eine enge, etwa 500 Meter breite Öffnung im Norden bei Klaipėda. Die südliche Hälfte der Nehrung gehört zur russischen Exklave Kaliningrad. Die nördliche Hälfte gehört zu Litauen und ist Ziel unseres heutigen Tagesausflugs.
Inhalt
Eine kurze Überfahrt
Zu den Eigenschaften einer Nehrung zählt, dass sie nur auf einer Seite mit dem Festland verbunden ist. Das ist hier im russischen Teil der Fall, in den wir ohne Visum nicht einreisen dürfen. Klaipėda, unser Ausgangspunkt, ist Litauens größter Hafen. Deshalb müssen durch das kleine Nadelöhr an der Nordspitze der Kurischen Nehrung riesige Frachter passen. Eine Brücke ist also auch keine Option. Und so bleibt uns nur der Weg übers Meer. Zwei verschiedene Fähren verkehren in der schmalen Wasserstraße. Wenn du zu Fuß übersetzen möchtest, nimmst du am besten die alte Fähre (Senoji perkėla). Dann kannst du die Kurische Nehrung wandernd, mit dem Bus oder dem Fahrrad erkunden. Autos und Camper finden auf der neuen Fähre (Naujoji perkėla) Platz. Die Autofähre fährt tagsüber je nach Uhrzeit alle 20 bis 40 Minuten und die Überfahrt dauert gerade einmal 10 Minuten.
Vom Inselhafen Smiltynė sind es knapp 50 Kilometer bis nach Nida, der südlichsten Ortschaft im litauischen Teil der Nehrung. Wenn du möchtest, kannst du etwa auf halber Strecke noch einen kurzen Halt im kleinen Ferienort Juodkrantė einlegen. Nida selbst ist ein beschauliches Dörfchen. Neben einer Touristeninformation und einigen hübschen hölzernen Ferienhäusern ist wenig los. Das mag vielleicht auch dem nicht besonders guten Wetter geschuldet sein. Wir sind aber ohnehin wegen der Natur hier und spazieren daher nur einmal kurz durchs Zentrum.
Die Hohe Düne: Sand, soweit das Auge reicht
Endlose Dünen gibt es nur in der Wüste? Falsch gedacht. Die Sandberge auf der Kurischen Nehrung gehören zu den höchsten in ganz Europa. Gleich südlich von Nida beginnt die beeindruckende Sandlandschaft mit einem Aussichtspunkt.
Einen großen Unterschied zu einer echten Wüste gibt es auf jeden Fall: Hier in Litauen ist es deutlich feuchter. Nicht nur durch die Ostsee, in welche die Dünen nahtlos münden. Heute vor allem auch wegen des Regens. Wir wollen die sanft geschwungenen Hügel dennoch näher erkunden und tauchen tiefer ein.
Das schlechte Wetter hat auch einige Vorteile: Zum einen ist wenig los heute. Und so haben wir die Dünen über weite Teile ganz für uns alleine. Nur gelegentlich kommen uns andere Spaziergänger entgegen.
Zum anderen sorgt regelmäßiger Regen für reiches Pflanzenwachstum. Überall sprießt und blüht es in bunten Farben. Der Bewuchs ist sehr wichtig für die Stabilität der Dünen. Einstmals war die Kurische Nehrung mit dichtem Nadelwald bewachsen. Um den steigenden Holzbedarf für Schiffsbau und Heizung zu decken, wurden im 18. Jahrhundert immer größere Flächen gerodet. Unbefestigter Sand und starker Wind sind eine gefährliche Kombination. Bis zu 70 Meter hoch türmten sich die Dünen in Ermangelung einer natürlichen Barriere auf und fingen an, mit dem Wind zu wandern. Bereits nach kurzer Zeit begannen sie, ganze Ortschaften zu verschlingen. Erst im späten 19. Jahrhundert gelang es den Einwohnern, die Dünen durch Bepflanzung abzubremsen.
Und so schrumpfen sie heute langsam durch die Erosion. Die höchste von ihnen ist die Parnidis-Düne, auch Hohe Düne genannt. Je nach Messverfahren wird sie auf 50 bis 60 Meter Höhe geschätzt. Von oben hast du eine tolle Aussicht über die umliegende Region.
Warum nicht mal ein Strandurlaub in Litauen?
Ein Meer und viel Sand sind auch ideale Voraussetzungen für traumhafte Badestrände. Kein Wunder also, dass die Kurische Nehrung ein beliebtes Sommerurlaubsziel ist. Einer der berühmtesten Gäste war der Schriftsteller Thomas Mann, der hier bis zum Beginn des Dritten Reichs mehrere Sommer verbrachte. Kilometerlange Strände laden zu ausgedehnten Spaziergängen ein.
Zwischendurch gibt es immer wieder bewirtschaftete Strandabschnitte mit kleinen Verkaufsständen, Beachvolleyball-Feldern und Umkleidekabinen. Sonst sind die Uferabschnitte weitgehend naturbelassen. Auch FKK-Fans kommen auf ihre Kosten. In strikt voneinander getrennten Frauen- und Männerbereichen kannst du bei schönem Wetter an deiner nahtlosen Bräune arbeiten.
Die Tote Düne: Eigentlich ziemlich lebendig
Auf der Rückfahrt nach Smiltynė solltest du unbedingt die Tote Düne besuchen. Du findest den kleinen Parkplatz zwischen den beiden Ortschaften Pervalka und Juodkrantė. Die Tote Düne hat ihren Namen von ihrem starken Bewuchs. Dieser führt dazu, dass sie heute nicht mehr wandert, also tot ist. Sehr lebendig sind hingegen die vielen bunten Heidekräuter, die überall aus dem Sand sprießen. Mit ihrer rötlichen Färbung auch im Regen ein Spektakel!
Hast du über den Holzsteg den ersten Dünenabschnitt erklommen, wird es richtig anstrengend. Ab hier geht es durch den unbefestigten Sand weiter. Zwei Schritte vor, einer zurück. Wir fühlen uns zurückversetzt zu unserer Reise in die Namib-Wüste. Dünen besteigen ist wirklich anstrengend.
Endlich oben angekommen, werden wir dafür mit einem wunderbaren Rundblick über die Küste und das Meer belohnt. Von einem kleinen Holzausguck reicht unsere Sicht weit in beide Richtungen.
Der Weg hinauf auf die Tote Düne ist gleichzeitig ein Naturlehrpfad. In regelmäßigen Abständen stehen Holzschilder, die viele Informationen zur Tier- und Pflanzenwelt der Dünenlandschaft geben. Eine gute Gelegenheit zum Durchatmen!
Zurück am Parkplatz neigt sich unser Tagesausflug auch schon wieder dem Ende zu und wir machen uns auf den Rückweg nach Klaipėda.
Ein Spaziergang durch Klaipėda
Unter dem Namen Memel war Klaipėda bis 1920 die nördlichste Stadt des Deutschen Reiches. Heute ist sie die drittgrößte Stadt Litauens. Das Stadtzentrum ist klein und schnell erkundet. Der kleine Fluss Danė teilt es in zwei Hälften. Entlang der Uferpromenade findest du zahlreiche Restaurants und Bars.
Sehr sehenswert ist außerdem das alte Fachwerkviertel. Liebevoll wurden die kleinen bunten Häuser restauriert und leuchten in bunten Farben.
Ansonsten ist Klaipėda eine typische Hafenstadt und hat touristisch nur bedingt Potenzial. Doch schon alleine wegen der Kurischen Nehrung ist die Region eine sehr lohnenswerte Station auf unserem Baltikum-Roadtrip! Unsere ganze Route findest du in unserem Blogartikel 10 Tage Roadtrip durchs Baltikum: Unsere Route.
Reisetipps Kurische Nehrung und Klaipėda
Hotel in Klaipėda
Radisson Blu Klaipeda, Šaulių gatvė 28
Radisson Blu Klaipeda bei booking.com *
Gemütliches Hotel im maritimen Stil. Etwa 15 Fußminuten in die Innenstadt. Sehr gutes Frühstück, kostenfreies Parken auf dem hauseigenen Parkplatz, gratis WLAN.
Restaurants in Klaipėda
- Stora Antis, Tiltų gatvė 6, www.storaantis.lt
Sehr gemütliches Lokal mit hervorragender litauischer und europäischer Küche in einem renovierten Kellergewölbe. Der unterhaltsame Inhaber legt zwischendurch Grammophonmusik auf und spendiert Wodkarunden. Sehr nettes Personal. - Momo Grill, Liepų gatvė 20, momogrill.lt
Gutes Grillrestaurant mit Fleisch- und Fischspezialitäten sowie guter Wein- und Craft-Beer-Auswahl. Sehr nettes Personal.
Transport vor Ort
Wir waren mit dem eigenen Mietwagen unterwegs. Das ist sicherlich die einfachste Variante, um auch abgelegenere Ecken zu erkunden.
Wenn du kein eigenes Fahrzeug hast, kannst du nach deiner Ankunft in Smiltynė mit dem Bus nach Nida fahren. Der Fahrplan ist saisonabhängig, üblicherweise sind die Abfahrtszeiten aber auf die Fähre abgestimmt. Fahrpläne sowie Preise für die Fußgänger- und Autofähren findest du auf der Website des Fährenbetreibers. Fahrplanauskünfte für den Bus gibt es bei Autobusubilietai.
In den meisten Ortschaften auf der Kurischen Nehrung kannst du dir auf Wunsch ein Fahrrad ausleihen und damit die Umgebung erkunden.
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Lieber Wolfgang,
Euer Blogbeitrag zur Kurischen Nehrung ist schon einige Jahre her, trotzdem habe ich ihn gerne gelesen. Ich werde ohne eigenes Auto diesen Sommer sehr kurz dort sein. Gibt es die Chance, die Highlights mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen? Wenn ja, wie finde ich Fahrpläne – der Link zum Busunternehmen scheint nicht mehr zu funktionieren.
Vielleicht könnt Ihr helfen?
Herzlichen Dank!
Liebe Claudia,
danke für deine Nachricht und den Hinweis mit dem kaputten Link! Ich habe mal auf die Schnelle ein bisschen recherchiert und an sich scheint die Webadresse noch die richtige zu sein. Vielleicht ist die Seite also nur vorübergehend offline. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es einen öffentlichen Bus, der zwischen Smiltynė und Nida verkehrt. Der fuhr damals ca. alle 2 Stunden und hielt unterwegs mehrmals an. Für genaue Busfahrplanauskünfte habe ich diese Seite hier gefunden, da gibt’s auch aktuelle Preise: https://www.autobusubilietai.lt/de. Wie günstig die Bushaltestellen zu den Sehenswürdigkeiten liegen, kann ich leider nicht beurteilen, da wir damals mit dem Mietwagen unterwegs waren.
Ich hoffe, das hilft ein bisschen bei der Planung! Auf jeden Fall wünschen wir dir eine tolle Zeit in dieser schönen Ecke!
Hallo Wolfgang, wir kommen im Juni im Rahmen einer Kreuzfahrt nach Klaipedia und wir würden gerne die Gegend auf eigene Faust erkunden. Am liebsten mit dem Mietwagen die Kurische Nehrung entlang fahren. Da wir ja nur einige Stunden Zeit haben (ich denke so 6-7) meine Frage: wo habt Ihr den Wagen gemietet, kommt man problemlos auf die Fähre oder muss man lange warten?
Viele Grüeß, Johanna
Hallo Johanna,
bitte entschuldige vielmals, dein Kommentar ist in unserem Spamfilter verschwunden und ich habe ihn gerade erst entdeckt. :( Wir hatten das Auto damals schon in Riga übernommen und waren die ganze Tour mit dem gleichen Fahrzeug unterwegs, insofern hätte ich dir zum Anmieten in Klaipeda ohnehin keine Tipps geben können. Ich hoffe, ihr hattet dennoch einen tollen Tag auf der Kurischen Nehrung!
Viele Grüße
Wolfgang
Lieber Wolfgang,
toller Bericht über ein tolles Stückchen Land.
Auch wir waren im November auf der kurischen Nerhung und waren hellauf begeistert.
Zur Nebensaison wirken die Örtchen ein bisschen wie ausgestorben oder eingeschlafen.
Uns hat es trotzdem, oder gerade deshalb super gefallen.
Auf der Fähre waren außer uns nur zwei andere Autos und wir haben trotz ausführlicher Suche in ganz Nida und Umgebung nur ein geöffnetes Restaurant gefunden. Hach, wunderbare Erinnerungen ;-)
Liebe Grüße
Kathrin :-)
Liebe Kathrin,
vielen Dank! Freut mich, dass wir so schöne Erinnerungen bei dir wecken konnten. :)
Ich stelle in eurem Post außerdem beruhigt fest, dass das Wetter dort offenbar öfter mal nicht so optimal ist ;)
Liebe Grüße
Wolfgang