Nordirland in zwei Tagen: Die Causeway Coastal Route


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Basaltsäulen am Giant's Causeway, Nordirland in zwei Tagen

Plötzlich ist auf freier Strecke nur noch Tempo 50 erlaubt. Ich will gerade auf die Bremse steigen, als mir klar wird: Es sind Meilen pro Stunde. Ohne es zu merken, haben wir die Grenze zwischen Irland und Nordirland passiert. Letzteres ist Teil des Vereinigten Königreichs. Somit gelten ab hier nicht nur Meilen pro Stunde, sondern auch Pfund Sterling und viele andere schwer umzurechnende imperiale Maßeinheiten. Noch weisen keinerlei Markierungen auf diese grüne Grenze hin und uns wird klar, weshalb die Nordiren im Brexit-Votum mehrheitlich für „Remain“ gestimmt haben. Zwischen den beiden irischen Inselteilen herrscht reger Pendelverkehr und Warenaustausch. Eine Abschottung dieser möglichen zukünftigen EU-Außengrenze hätte massive Auswirkungen auf die Bevölkerung. Das letzte Wort ist hier jedoch glücklicherweise noch nicht gesprochen. Daher können wir Nordirland in zwei Tagen grenzenlos genießen. Soviel sei vorweggenommen, wir sind wieder einmal begeistert!

Derry/Londonderry

Der Start unserer Reise ist die Stadt Derry (auch Londonderry genannt) im äußersten Nordwesten des Landes. Hier haben wir nach unserer Tour durch die wunderschöne benachbarte irische Provinz Donegal genächtigt und abends noch einen kleinen Stadtrundgang unternommen. Zu unserem Reisebericht über Donegal.

Derrys Zentrum ist nicht groß und gut zu Fuß zu erkunden. Wir beschränken uns allerdings hauptsächlich auf den Bereich rund um die Uferpromenade, da wir schon hungrig sind und unser Restaurant dort ist.

Insgesamt ist Derry ein nettes Städtchen und wenn du in der Nähe bist, lohnt sich ein Abstecher auf jeden Fall. Es ist außerdem ein idealer Ausgangspunkt für die Causeway Coastal Route. Diese etwa 240 Kilometer lange Küstenstraße führt dich automatisch an allen sehenswerten Punkten der nordirischen Küste vorbei.

Downhill Beach und Mussenden Temple

Unser erster Halt entlang der Strecke ist der herrliche Downhill Beach. Er ist Teil eines insgesamt über 11 Kilometer langen Strandes, der sich hier in beide Richtungen erstreckt.

Hoch oben über dem Strand thront der Mussenden Temple. Er beherbergte früher die Bibliothek eines alten Herrenhauses. Auch heute kannst du ihn noch besichtigen, der Parkplatz befindet sich oberhalb des Strandes.

Die Ruinen von Dunluce Castle

Wir wollen jedoch weiter nach Osten und halten kurz bei den Ruinen des Dunluce Castle. Unablässig treibt der Wind seit heute morgen die Wolken vom Meer herein. Nun ist es scheinbar an der Zeit, dass sie sich kurz abregnen. Deswegen beschließen wir, auf eine nähere Erkundung der Ruine zu verzichten und fahren direkt weiter zur wohl bekanntesten Sehenswürdigkeit Nordirlands: Dem Giant’s Causeway.

Der Giant’s Causeway: Ein Ort der Mythen

Kennst du den Riesen Fionn MacCumhaill? Nein? Er soll der Legende nach in der Region rund um den Giant’s Causeway gelebt haben und sich hier häuslich eingerichtet haben.

Schon der Weg hinunter vom Besucherzentrum ist beeindruckend. Durch den im Ticket inkludierten Audioguide erfahren wir viel über die Geschichte der Region und natürlich auch über die Legende des Riesen.

Fionn hatte seinen schottischen Rivalen Benandonner zum Kampf herausgefordert. Um schnell zu ihm zu kommen, errichtete er einen Damm — den Damm des Riesen, oder auf englisch Giant’s Causeway. Dessen Überreste sind heute noch zu sehen und absolut spektakulär.

In Schottland angekommen erschrak Fionn angesichts der Größe Benandonners und floh über den Damm zurück nach Schottland. Benandonner folgte ihm und wollte ihm eine Lektion erteilen. Geistesgegenwärtig verkleidete Fionns Frau Oonagh ihren Mann als Baby und legte ihn in die Kinderkrippe. Als Benandonner das vermeintliche Baby sah, bekam er es mit der Angst zu tun. Wenn das Baby schon so groß war, wie riesig musste dann erst der Vater sein? Er nahm die Beine in die Hand und setzte sich schnellstmöglich zurück nach Schottland ab. Damit Fionn ihm nicht folgen konnte, zerstörte Benandonner sicherheitshalber den Damm. Und so ist heute nur noch ein kleines Teilstück davon übrig.

So schön die Geschichte ist, in Wahrheit ist der Giant’s Causeway vermutlich der Überrest eines gigantischen Vulkanausbruchs vor 60 Millionen Jahren. Als die Lava ins kalte Meer floss, erstarrte sie schlagartig. Dadurch bildeten sich vier- bis siebenseitige Basaltsäulen. Etwa 37.000 davon stehen heute noch hier. Ihr Farbspektrum reicht von hellen Gelbtönen bis zu dunklem Schwarz und sie sind bis zu 12 Meter hoch — einfach nur beeindruckend!

Carrick-a-Rede Rope Bridge

Etwa 20 Minuten östlich des Causeway liegt die 20 Meter lange Carrick-a-Rede-Hängebrücke. Sie bietet dir die Möglichkeit, auf die kleine Carrick-a-Rede-Insel zu spazieren. Allerdings nur, wenn das Wetter mitspielt. Bei uns ist es heute leider zu windig, sodass die Brücke aus Sicherheitsgründen geschlossen ist.

Der Blick vom Parkplatz auf die vorgelagerten Inseln ist trotzdem sehr schön. Es hat sich also auf jeden Fall gelohnt, hinzufahren.

Dark Hedges: Game of Thrones für Anfänger

Wir sind beide keine Game-of-Thrones-Experten. Dennoch können wir uns dem Thema hier kaum erwehren. Zahlreiche Szenen des Welterfolges entstanden vor den fantastischen Naturkulissen Nordirlands. Eine davon sind die Dark Hedges. Wenn du die Serie verfolgst, kennst du die Straße vielleicht als „King’s Road“. Die riesigen Bäume wachsen hier seit dem 18. Jahrhundert. Mittlerweile sind sie so groß, dass ihre Kronen fast ineinander verwachsen sind — ein fantastischer Anblick.

Leider haben ein paar heftige Stürme in den vergangenen Jahren einige der majestätischen Bäume entwurzelt. Dadurch sind inzwischen ein paar Lücken in der Allee entstanden. Aus unserer Sicht solltest du diese Station bei deiner Reise entlang der Causeway Coastal Route dennoch unbedingt einplanen.

Torr Head: Landzunge mit Aussicht

Die Landzunge von Torr Head ist einer der nordöstlichsten Punkte der irischen Insel. Eine schmale, steile Straße schlängelt sich hinunter zum kleinen Parkplatz.

Der Aufstieg auf den Hügel an der Spitze ist die Mühe wert. Belohnt wirst du mit einem tollen Rundumblick über die herrliche grüne Landschaft. Bei gutem Wetter reicht die Sicht bis hinüber auf das nur 20 Kilometer entfernte Schottland.

Plötzlich kommt sogar noch die Sonne heraus und hüllt die grünen, sanft geschwungenen Hügel in ein fast schon magisches Licht. Ein Abstecher, der sich mehr als ausgezahlt hat!

Die Glens of Antrim: Eine diesige Angelegenheit

Antrim ist eine der nordirischen Grafschaften. In ihrem Nordosten wird die hügelige Landschaft von neun langen Tälern, den Glens of Antrim durchzogen. Aufgrund ihrer Schönheit sind sie ein beliebtes Wandergebiet. Leider ist uns das Wetter nun endgültig nicht mehr wohlgesonnen. Wir drehen daher noch eine kurze Runde im Glenariff Forest Park und treten dann die Weiterfahrt an.

Belfast: Hauptstadt und Mahnmal

Das Ende unserer Route markiert die nordirische Hauptstadt Belfast. Obwohl die Stadt nicht groß ist, ist ihr Zentrum recht weitläufig. Plane also genug Zeit für die Fußwege ein. Wir starten unseren Rundgang am nächsten Tag im Zentrum beim imposanten Rathaus.

Direkt gegenüber liegt die Linen Hall Library, Nordirlands älteste Bibliothek. Seit 1788 können die Einwohner hier in Büchern schmökern, Archive und Geburtenregister durchstöbern oder sich intensiv mit der irischen Sprache beschäftigen.

Entlang der Great Victoria Street, einer der Hauptverkehrsachsen der Stadt, spazieren wir in Richtung Süden. Das Opernhaus ist leider komplett eingerüstet und somit nicht zu sehen. Außer ein paar schönen alten Pubs ist die Straße einen Besuch aus unserer Sicht ansonsten nicht wirklich wert.

Unser Ziel ist jedoch die etwa 1,5 Kilometer südlicher gelegene Queen’s University mit den benachbarten botanischen Gärten.

Im botanischen Garten steht ein filigranes Palmenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert. Durch ein ausgeklügeltes Türensystem entstehen im Gebäude verschiedene Klimazonen, die auch hier im kühlen Nordirland tropische Pflanzen wachsen lassen.

Ein junger Frieden

Die Geschichte Nordirlands ist keine einfache. Fast 40 Jahre lang bekämpften sich die zu Irland strebenden Katholiken und die im Vereinigten Königreich verbleiben wollenden Protestanten bis aufs Blut. Rund 3.500 Menschen bezahlten die Kämpfe mit ihrem Leben und auch heute noch leben die beiden Volksgruppen weitestgehend voneinander getrennt. Während das auf dem Land nicht so auffällt, wird es in den Städten umso deutlicher. Insbesondere in Belfast tobte der Konflikt besonders heftig. Noch immer sind die Wohnviertel der katholischen Republikaner durch eine breite Autobahn von denen der protestantischen Unionisten abgetrennt. In den Vierteln erzählen großflächige Wandmalereien, sogenannte Murals, die Geschichte Irlands und des Konflikts. Besonders viele findest du im Viertel rund um die Shankill Parade und den Hopewell Crescent. Am besten fährst du mit dem Auto oder Taxi dorthin, zu Fuß bist du vom Zentrum eine gute halbe Stunde unterwegs.

Seit 1998 befriedet sich die Lage zunehmend und statt mit Gewalt arbeiten die Parteien nun mit Diplomatie. Irland verzichtete auf seine Gebietsansprüche in Nordirland und die beiden Konfliktparteien wurden gleichberechtigter an der Regierung beteiligt. Fraglich ist, ob die Diskussionen um eine Wiedervereinigung im Zuge des Brexit wieder aufflammen werden. Wir hoffen sehr, dass es auch für dieses Thema eine friedliche Lösung geben wird. Dann kann Nordirland das wunderbare und besuchenswerte Reiseziel bleiben, das es heute ist!

Reisetipps Nordirland

Hotels in Nordirland

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Routeninfos Nordirland-Roadtrip

  • Fahrstrecke: ca. 240 km
  • Gesamtzeit: 2 Tage
  • Fahrzeit: ca. 4,5 Stunden

Transport vor Ort

Am praktischsten ist wie so oft die Fortbewegung mit dem eigenen Auto oder Mietwagen. Achtung: In Nordirland gilt wie überall auf den Britisch-Irischen Inseln Linksverkehr!

Wenn du ohne Auto unterwegs bist, kannst du die nordirische Küste auch mit Bus und Bahn erkunden. Fahrplanauskünfte bekommst du beim Nahverkehrsanbieter Translink.


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